Wenn das QM bei Kundenreklamationen mehrfach versagt

Der Praxisbericht zeigt, was ein Hotel schlecht gemacht hat, was es hätte besser machen können und wie es ein anderes Hotel besser gemacht hat. Die Erkenntnisse gelten nicht nur für Hotelbetriebe.

Ich übernachte regelmässig geschäftlich in Hotels. Dass dabei nicht immer alles perfekt läuft – kein Problem. Bei einer meiner letzten Hotelübernachtung hat dann aber so ziemlich alles im Qualitätsmanagement versagt.

Buchung und Check-in für das 3-Sterne-Hotel liefen reibungslos und der Service war freundlich. Es ist ein Hotel in der Schweiz, welche sich an Geschäftskunden richtet und zu einer grösseren Kette gehört.

Abends im Bad entdeckte ich dann folgende Mängel:

  • Viel Schimmel in der Dusche
  • Schmutz am Spühlkasten der Toilette
  • Tote Mücken im Lampenglas an der Decke (im Dezember)
  • Diverse Schmutzablagerungen auf dem Lavabo
  • Fehlende Stromabdeckung an einer Stromverteilerdose im Badezimmer. Dadurch offene Stromleitungen …

Beim Checkout schilderte ich der Person am Empfang meine Feststellungen und zeigte die Bilder, welche ich mit dem Smartphone gemacht hatte.


„Oh, das haben wir wohl übersehen“

Hotelangestellter beim Checkout

Hier hat das QM VERSAGT

Wenn ich schon leicht angesäuert bin, mag ich erst recht keine (freundlichen) Lügen hören.

Das alles kann man nicht übersehen. Es ist ja nicht ein einzelnes Haar in der Dusche, etwas Staub in einer Ecke, … solche Dinge kann man übersehen und das ist für mich auch kein Problem. Das, was ich fotografiert habe, kann man nicht übersehen.

Wenn QM gelingt, hätte die Antwort so lauten können: „Oh, das tut uns leid, das entspricht nicht unseren Ansprüchen. Bitte entschuldigen Sie die Mängel. Hätten sie gerne einen kleinen Preisnachlass oder dürfen wir ihnen eine Entschuldigung zukommen lassen?“


„Können Sie mir die Bilder per Mail bitte schicken“

Hotelangestellter beim Checkout

Hier hat das QM VERSAGT

Ich habe das Bad nicht geputzt und die Mängel beseitigt. Die sind immer noch da. Also wenn ein Fehler passiert, dem Kunden bitte nicht noch zusätzlich Arbeit aufbürden.

Besser selber vor Ort gehen, vielleicht gab es ja noch mehr Mängel, die ich übersehen oder als nicht relevant einschätzte.


„Darf ich Ihnen diesen 10%-Gutschein des Grossverteilers als Entschuldigung anbieten?“

Hotelangestellter beim Checkout

Meine Antwort darauf lautete: „Nein danke, ich kaufe da wenig ein und will nicht noch Geld ausgeben, um die „Wiedergutmachung“ einzulösen.“

Ein enttäuschter Kunde hat vermutlich wenig Motivation, zusätzlich Geld auszugeben, um von einem Gutschein profitieren zu können. Kenne die Bedürfnisse deiner Kunden, um das Missgeschick bestmöglich ausgleichen zu können. Dass es zu Reklamationen kommt, ist in einem Hotel vermutlich üblich. Somit kann ich mich als Hotel auf diese Missgeschicke vorbereiten.

Gutes QM wäre zum Beispiel, Schokolade im CD/CI des Hotels zu überreichen, mit einer Karte und dem Spruch, wenn wir Ihre Erwartungen nicht erfüllt haben, möchten wir ihnen zumindest den Tag versüssen.

Zu Hause angekommen habe ich mir dann die Mühe gemacht, um dem Hotel die gewünschten Bilder per Mail zu senden. Dies aus Neugierde, wie sie versuchen, das Kundenerlebnis doch noch zu verbessern.

Das Antwortmail war OK. Eine Entschuldigung und die Information, dass mir noch eine kleine Aufmerksamkeit zugestellt wird. Wenige Tage später erhalte ich Post vom Hotel.
Im Couvert sind drei 10%-Gutscheine eines Grossverteilers. Kommentarlos. Erhalten am 16.12.2022 und gültig bis 31.12.2022.

Hier hat das QM VERSAGT

Wie oben geschrieben – ein enttäuschter Kunde will nicht nochmals Geld ausgeben, nur um sparen zu können. Ein Gutschein, der nur noch etwa 10 Tage gültig ist, wirkt zudem extrem knausrig. 


Zwei Empfehlungen aus diesem Hotelerlebnis

Auf Beschwerden vorbereitet sein

Wenn Sie in einer Branche sind, in welcher Kundenreklamationen wahrscheinlich sind, bereiten Sie sich und die Mitarbeitenden darauf vor. Beispielsweise ein Gesprächstraining – Wie gehen wir mit freundlichen und unfreundlichen, berechtigten und unberechtigten Reklamationen und Rückmeldungen um. Überlegen Sie auch, wie Kunden „besänftigt“ oder sogar trotz Panne begeistert werden können. Beschwerden sind eine Möglichkeit, Kundenbeziehungen zu festigen.

Beheben Sie nicht nur Fehler, analysieren und beheben Sie auch deren Ursache

Das Hotel in meinem konkreten Beispiel kann jetzt in diesem Zimmer die Mängel beheben und das Thema abhaken.

Viel spannender und wirksam ist es, der Ursache auf den Grund zu gehen, warum diese Mängel nicht durch das eigene Personal vor meinem Besuch entdeckt wurden. Hat das Reinigungspersonal zu wenig Zeit? Wurde durch den Zimmerservice der Mangel mündlich dem technischen Dienst gemeldet, aber diesem ging die Pendenz verloren? ….

Erst wenn wir die Ursachen wirklich kennen und beheben, ist das Problem (hoffentlich) nachhaltig behoben.

Besseres Beispiel eines anderen Hotels

Vor etwas mehr als einem Jahr beanstandete ich in einem anderen Hotel beim Auschecken als Hotelgast mehrere kleine Dinge. Die Hotelangestellte entschuldigte sich und versicherte mir, dass sie sich selbst sofort darum kümmern werde. Sie würden mir noch eine kleine Aufmerksamkeit zusenden.

Eine Woche später wurde mir mit einer Entschuldigungskarte ein Kinogutschein des lokalen Kinos geschickt. Ich habe mich darüber richtig gefreut, denn dass es ein lokales Kino war, zeigte mir, dass sich das Hotel überlegt hat, wie es den Kunden überraschen kann.
Der Kinogutschein kann sogar günstiger sein als ein Preisnachlass. Durch den Kinogutschein bleibt aber etwas „positives“ zurück und das Hotel zeigt echtes Interesse an einer guten Kundenbeziehung.

Tool-Tipp

KVP-PRO_Cockpit

Cockpit des KVP-Tools der Erfolgsmanufaktur.

Dieses Tool unterstützt beim Verbesserungsprozess und der Behebung der Ursache bei Kundenbeschwerden aber auch Verbesserungsideen usw.

Einen vollständigen Beschrieb des Tools finden Sie >>hier.